Murru vangla

Murru vangla

Estland 🇪🇪

Besucht: 05/2023

Online: 21.07.2023

Etwa 45 Km von Tallin entfernt, errichteten die Sowjets 1938 das Murru-Gefängnis. Die anfänglich 400 Insassen/Zwangsarbeiter mussten das Gefängnis zum Großteil selbst errichten. Anfangs mussten die Gefangenen in einfachen Barracken leben sowie im Rummu-Steinbruch (Bilder gibt es in einem separaten Beitrag). arbeiten. Es war harte körperliche Arbeit die teilweise über 12 Stunden und auch im 3-Schicht Betrieb erfolgte.

Hier im Murru-Gefängnis befanden sich normalerweise rund 1.600 Gefangene. Sie wurden nicht wie heute in getrennten Zellen untergebracht, sondern in großen Schlafsälen. Solche Konkubinatsgefängnisse sind in Westeuropa nahezu unbekannt. Dies ist eine Form der Bestrafung, die ihren Ursprung in Sowjetrussland hat. Wenn in Europa Menschen mit Einsamkeit bestraft werden, dann in Russland - mit anderen Menschen.

Das Murru-Gefängnis hatte schon immer eine mysteriöse Anziehungskraft. Und das nicht nur in dem Sinne, dass ein großer Teil der entlassenen Häftlinge bald als Rückfällige hierher zurückkehrte. Auch nach der Schließung am 31.12.2012 sind viele ehemalige Häftlinge hierher zurück gekommen, um zu erkunden, sich an Glanz und Elend vergangener Zeiten zu erinnern – oder ihre ehemaligen Verstecke Revue passieren zu lassen. Ehemalige Häftlinge leben heute in der Siedlung Rummu und hier, an einem neuen Arbeitsplatz, als LKW-Fahrer. 


Das Gefängnis wurde hier aus Kalkstein gebaut. Es war das Jahr 1938, und in der Mine konnten die Häftlinge also als billige Arbeitskräfte eingesetzt werden. Der Boden hier verbirgt einen schönen weißlichen Kalkstein, auch Vasalemma-Marmor genannt, aus dem die meisten Gebäude der Gegend gebaut wurden. Im Laufe der Zeit nahm die Bedeutung von Kalkstein als Baumaterial ab, und die Gefangenen wurden auf andere Jobs umgeleitet. Zum Beispiel war hier die Metall- und Holzindustrie tätig, wo zu Sowjetzeiten alles auf Bestellung gefertigt werden konnte. Ketten, Ringe, Feuerzeuge, schöne Holzschneidebretter, etc. Manchmal gelang es Häftlingen, Dinge aus dem Arbeitsbereich zu schmuggeln und sie dann im Wohnbereich gegen Geld, Zigaretten oder andere Dinge einzutauschen. Daher war der Zugang zum Arbeitsbereich ein Privileg unter den Gefangenen, nicht jeder kam hierher.

Hinter den Toren befindet sich der Wohnbereich des Gefängnisses. Die sechs Gebäude in einer Reihe waren Schlafsäle für Gefangene. Die Häftlinge in jedem Block konnten sich völlig frei im Gebäude bewegen, so dass sorgfältig ausgewählt wurde, wer in welchen Block passte. Es gab Gebäude für die, die arbeiteten, für Bandenboss und andere hochrangige Kriminelle und Gebäude für die sogenannten „Hühner“. Das waren Gefangene auf der untersten Stufe der Gefängnishierarchie.


Im Gefängnis gab es alles was benötigt wurde. Eine Küche, eine Sporthalle, einen Krankenbereich mit mehreren Ärzten und Krankenstation, einen Gefängnisladen sowie eine Berufschule in der die Häftlinge ausgebildet wurden.


Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde das Gefängnis „modernisiert“ und die Häftlinge erfuhren etliche Verbesserungen in ihrem Alltag. Unter anderem wurden, die immer noch stehenden, Baracken abgerissen und es entstand dort ein Garten.


Weiterhin gab es ein Gebäude in dem die Häftlinge saßen die zu Lebenslänglich verurteilt wurden und solche die kurzfristig in Einzelhaft gesteckt wurden, da sie Probleme machten. Dieses Gebäude werde ich in einem gesonderten Beitrag posten.


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